Russische Kunst heute
Malerei – Skulptur - Fotografie Sammlung Joseph Kiblitsky 16. Dezember 2017 bis 25. Februar 2018 Der freie Blick auf eine ideologiegeprägte Welt – die Kunstsammlung und die Fotografien von Joseph Kiblitsky erlauben nicht nur einen unschätzbaren Einblick in russische Lebenswelten, sondern zeigen auch, wie unterschiedlich Künstler auf diese Realitäten reagiert haben. Das Osthaus Museum Hagen stellt als erstes deutsches Institut die Sammlung von Joseph Kiblitsky aus. Der 1946 geborene Kunstkenner ist zugleich auch ein leidenschaftlicher Fotograf, daher werden seine dokumentarischen Aufnahmen aus dem Sowjet-Russland ebenso präsentiert, wie jene aus dem heutigen Russland. Etwa 180 Gemälde und Fotografien werden in der Ausstellung gezeigt. DIE SAMMLUNG KIBLITSKY Joseph Kiblitsky konnte 1982 aus der damaligen Sowjetunion, in der er einige Jahre als Dissident leben musste, ausreisen. Seit den 1970er Jahren begann Kiblitsky, seine Sammlung anzulegen, die zunächst einmal Werke seiner Künstlerfreunde umfasste. Was diese erste Sammlung interessant macht, ist ihre Zeitverbundenheit. Die meisten der Künstler haben eher in privaten Zirkeln ihre Werke nur für kurze Zeit (einen Tag, ein Wochenende) ausstellen können, da im offiziellen Kunstbetrieb ihre Werke nicht existierten. Die offizielle Kunstausrichtung der damaligen Sowjetunion sah den sozialistischen Menschen als Hauptfigur in seiner Umgebung als darstellungswürdig an. Abstrakte oder gar konzeptuelle Kunst wurde weder in den Akademien noch in den Museen ausgestellt. So verwundert es nicht, dass von allen Künstlern dieser reichen Sammlung bedeutende Werke heute sowohl in der Neuen Tretjakow-Galerie in Moskau wie auch im Russischen Museum St. Petersburg zu finden sind. Joseph Kiblitskys Sammlung ist solch eine der Künstlerfreundschaften. In dieser Sammlung gibt es keine ideologischen Linien. Abstraktes wie auch Figuratives werden in einen Dialog gestellt. Nach seiner Umsiedlung nach Deutschland verfolgte Kiblitsky sein dialogisches Sammlungsprinzip weiter. Heute gehören der Sammlung solch illustren Künstler wie Oscar Rabin, Mikhail Shvartsman, Vladimir Yankilewski, Eduard Steinberg, Ilya Kabakov, Vladimir Yakovlev oder Leonid Purgin an. Ebenfalls hat Kiblitsky konzeptuell arbeitende Künstler wie Leonis Sokov oder Grisha Bruskin in seiner Sammlung, jene Begründer der „Sots Art“. Neben ihnen finden wir auch Werke der bedeutenden Natalia Nesterova, die mit Tatyana Nazarenko und Alexander Snitkov dem liberalen Flügel der MOSKh, der Berufsgenossenschaft bildender Künstler in der UdSSR angehörten. FOTOGRAFIEN: VOM SOWJETALLTAG BIS ZUM HEUTIGEN RUSSLAND Die Fotografien von Joseph Kiblitsky aus den 1970er und 1980er Jahren der Sowjetunion stellen den Menschen in den Vordergrund: Kinder, junge Frauen, ältere Sowjetbürger in ihrem täglichen Sein werden vorgestellt. Die Kamera ist eine beobachtende, allerdings keine voyeuristische. Mit viel Liebe zu den Dargestellten gelingt es Joseph Kiblitsky seine Menschen nicht als Dokumente, sondern als sehr lebendige Wesen aufzunehmen. Keine Grandezza wird gezeigt, sondern die Sowjetunion durch die Hintertür. Daher gewinnen wir einmalige Einblicke in eine vergangene Epoche, die wir bei unseren Reisen in die Sowjetunion zumeist nicht selbst haben sehen können. Die neueren Aufnahmen von Kiblitsky aus dem heutigen Russland führen diesen Dialog mit den Menschen fort, widmen sich aber auch ihrer Umgebung: Hinterhöfe, Parks, verkommene Gärten etc. Das Leben im heutigen Russland, einerseits von Pracht geprägt, andererseits in der Kontinuität sowjetischer Lebensweise weitergeführt, bildet den großen Spannungsbogen im fotografischen Werk Joseph Kiblitskys. Zur Ausstellung erscheint (während der Laufzeit) ein Katalog mit Werken der Malerei und Skulptur. Das Buch „Russland: Fotos zur Erinnerung“ von Joseph Kiblitsky wurde vor einigen Jahren bei Palace Editions Europe publiziert. |