Der Folkwang-Gedanke
von Karl Ernst Osthaus
und seine Bedeutung
für das Osthaus Museum
heute
Tayfun Belgin Der Folkwang Impuls heute Es war die Hauptintention des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus, in einer Stadt wie Hagen, also abseits einer großen Metropole, mit einem privaten Museum überregional zu wirken. Er war bereit, internationale Kunst – die Kunst des „Erbfeindes“ Frankreich – zu sammeln und auszustellen. Ferner beschäftigte er sich mit Avantgardebewegungen wie „Brücke“ und „Blauer Reiter“, und stellte diese Künstler in Einzel- oder Gruppenausstellungen aus. Das Museum war für ihn eine Bildungsstätte. Ein Ort, die Sinne seiner Mitbürger zu verfeinern, ihnen Weltkunst zu präsentieren, die er von seinen Reisen mitbrachte – also Kunst und Kunstobjekte aus dem Mittelmeerraum, aus Afrika, aus Indien. Wir betrachten heute das Erbe des Museumsgründers insofern als Aufgabe, als wir ebenfalls daran interessiert sind, einen ganzheitlichen Museumsansatz zu verfolgen. Das bedeutet, dass wir neben europäischer Kunst auch solche anderer Länder zeigen und offen sind für den internationalen Austausch. Als erstes Museum in Deutschland haben wir im Kulturhauptstadtjahr eine umfangreiche Sammlung türkischer Kunst der letzten 60 Jahre mit 200 Werken gezeigt. In 2013 widmen wir uns in einer engen Kooperation mit dem NRW Kultursekretariat, dem Kunstmuseum Bonn und der Kunsthalle Düsseldorf dem Thema „Zeitgenössische Kunst aus Korea“ im Rahmen des Projektes „TRANSFER KOREA-NRW“. Eine umfangreiche Sammlung von Flakons der letzten 200 Jahre aus der Sammlung Beatrice Frankl (München) haben wir 2010/11 präsentiert – in Anlehnung an die Osthaus’ Idee des „Deutschen Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“. In einer Stadt mit dem höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in NRW haben wir seit der Wiedereröffnung (nach einer dreijährigen Schließung wegen Renovierung) das „Junge Museum“ eröffnet, einen Ort, an dem Schüler und Jugendliche Projekte im Schulrahmen oder mit Künstlern der Region durchführen können. 2010 wurde das Christian Rohlfs Archiv gegründet. Das Osthaus Museum führt das Werkverzeichnis des großen Künstlers, der von 1901 bis 1938 im Museumsgebäude wohnte fort. Aufgrund der äußerst schwierigen finanziellen Situation der Stadt Hagen, die nicht nur verschuldet, sondern auch überschuldet ist, kann das Osthaus Museum Hagen nicht alle Ziele verfolgen. Hierzu würde beispielsweise der Aufbau einer Sammlung mit zeitgenössischer Kunst gehören, die aufgrund des fehlenden Ankaufsetats zurzeit nur im Ansatz verfolgt werden kann. Das Osthaus Museum heute Das heutige Osthaus Museum Hagen besitzt sowohl mit den städtischen Ankäufen wie auch mit den drei Sammlungen Butz, Becker und Berg hochkarätige Werke der Klassischen Moderne wie auch der zeitgenössischen Kunst. Im ehemaligen Folkwang Gebäude finden wir heute im Souterrain eine Neugründung: das „Junge Museum“, welches allen Kindern und Jugendlichen unserer Region die Chance eröffnet, an Projekten mitzuarbeiten bzw. selber Projekte zu realisieren. Im Erdgeschoss, gegenüber dem Minne-Brunnen, finden wir einen wichtigen Beitrag zur Kunst der Gegenwart im Raum: „Architektur der Erinnerung“ von Sigrid Sigurdsson, gefördert durch Dr. Michael Otto, Hamburg. Bereits seit über vierzig Jahren beschäftigt sich Sigrid Sigurdsson mit den Phänomenen „Gedächtnis“ und „Erinnerung“ und der Möglichkeit, diesen in der Kunst eine visuelle Ausdrucksform zu geben. Die Zeit des Nationalsozialistischen Systems in Deutschland bildet dabei den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung. Im Obergeschoss sind Werke der Klassischen Moderne (Brücke/Blauer Reiter/Neue Sachlichkeit) sowie Werke von Christian Rohlfs permanent ausgestellt. Auf dieser Etage befindet sich seit der Wiedereröffnung auch die Museums-Lounge, die für Vorträge und Sitzungen von der Douglas Holding eingerichtet worden ist. Für Wechselausstellungen steht nach der Renovierung nunmehr eine Fläche von 1000qm zur Verfügung, die größere Präsentationen von Sammlungen bzw. Einzelausstellungen möglich macht. Geschichtliches Das Osthaus Museum Hagen blickt 2012 – ausgehend von dem Museum Folkwang in Hagen (seit 1922 in Essen) – auf eine mehr als 110jährige Geschichte zurück. 1898 fasste Karl Ernst Osthaus (1874 – 1921) den Entschluss, mit einem großen Teil seines ererbten Vermögens ein Museum zu gründen. Vorgesehen waren drei Abteilungen: die Naturwissenschaftliche Sammlung, das Kunstgewerbe sowie Gemälde. Karl Ernst Osthaus großes Ziel war es, mit seinem privaten Museum Folkwang ab 1902 kulturpolitisch, vor allem in seiner Region, zu wirken. Die künstlerische Erziehung der Bevölkerung lag ihm sehr am Herzen. Sein Museum sollte keine elitäre Kunststätte sein, sondern Menschen die Augen für das Schöne öffnen. Der Name „Folkwang“ entstammt den altnordischen Mythen der Edda (Fruchtbarkeitsgöttin, auch Schutzgöttin der Künste) und war Programm: Eine Halle des Volkes. Von den französischen Impressionisten bis zu den deutschen Expressionisten zeigten Osthaus und seine Frau alles, was Rang und Namen in der Kunstwelt hatte. Das Hagener Haus galt als erstes Museum für zeitgenössische Kunst in der Welt. Ein zweites Museum in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Werkbund wurde 1909 gegründet: „Deutsches Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“. Dieses Institut wurde zum Museum für modernes Design mit Sammlungen von Luxusobjekten bis hin zu Alltagsgeräten, Verpackungen oder Reklamedrucksachen, die nicht statisch im Institut verankert waren, sondern immer wieder auf Tournee geschickt wurden. Nach seinem Tod 1921 wurde ein Jahr später von Osthaus´ Erben die Sammlung und der Name nach Essen verkauft. Da auch das Folkwang Gebäude veräußert wurde, hatte Hagen sein bedeutendes Museum verloren. Christian Rohlfs, der mit seiner jungen Frau Helene lebenslanges Wohnrecht im Folkwang Gebäude hatte, konnte seine Wohnung im Dachgeschoss behalten. Dort verstarb Rohlfs 1938. Die 1924 gegründete Künstlervereinigung „Hagenring“ sowie der drei Jahre später ins Leben gerufene „Karl Ernst Osthaus-Bund“ organisierten seit dem Ende der Hagener Folkwang-Ära Kunstausstellungen und konnten 1930 in der Villa Elbers, ebenfalls in der Hochstraße, das „Christian Rohlfs Museum“ eröffnen. Zwei Jahre später übersiedelte das Institut, nun unter dem Namen, „Städtisches Museum mit Christian Rohlfs Museum“ in den Stadtteil Wehringhausen in die Villa Post. In der Zeit des NS-Regimes wurde der Name wiederum geändert, nun in: „Städtisches Museum – Haus der Kunst“. Das gleichgeschaltete Institut erhielt 1941 einen neuen Namen: „Karl Ernst Osthaus-Museum“. Nach der neuen Etablierung des Museum 1945 wurde dieser Name beibehalten. 2009 wurde der Name in "Osthaus Museum Hagen" geändert. |